Wellness in Bayern

„Heute machen wir Seniorentag!“, befand Maggie gestern morgen. Fand ich ja prinzipiell gut, den Jungs geht es ja nicht so gut; Flakes läuft nicht so gut und geht jetzt alle zwei Wochen zur Osteopathie und Benni hatte ja seine höchst beängstigende Herzepisode und wird gerade mit den Medikamenten eingestellt. Aber den ganzen Tag Gänseblümchen auf der Wiese zählen ist doch bestimmt langweilig?

Aber die Hühner hatten natürlich ganz andere Pläne; ein Ausflug zu Petra Erbstößer/Pets in Balance! Das Wetter war ja noch ganz brauchbar, also Auto vorgefahren und Hunde rein sortiert. Haley springt natürlich gleich ins große Hundeabteil im Erdgeschoß, kuscheln mit Flakes, super. Der ist nur mässig begeistert, aber besser als mit einem meckernden Benni zusammen sitzen. Maggie hüpft in die obere Abteilung und macht sich gleich breit für zwei – hat wohl flugs durchgezählt und registriert, dass irgendwer Carly mit in sein Abteil nehmen muss… Benni hopst hastig in die andere Einzelbox und murmelt etwas von „Ich soll mich nicht aufregen – also wohl auch kein guter Mitfahrer für das Kleinteil. Glück gehabt, das trifft dann wohl Cricket, die ihren genervten Große-Schwester-Blick aufsetzt, bevor die beiden kichernd in der Box verschwinden.

Vor Ort angekommen bricht erstmal das Chaos aus, begeistert quakende Hunde, wie Teenager auf einem Konzert. Das kann man keiner Physiotherapeutin zumuten, also alle wieder rein, Nümmerchen ziehen! Benni zieht natürlich die Seniority Karte und wackelt gen Praxiseingang, ich spurte hinterher um aufzuholen. „Fussbodenheizung kaputt?!“, meckert er vor sich hin, während er den Teppich im Vorraum kritisch betrachtet, auf dem er sich sonst gerne nieder lässt. „Benni, es hat 19 Grad!“. Er sieht nicht überzeugt aus, wackelt aber von Büroraum zu Büroraum, auf der Suche nach seinen Mitarbeitern. Benni hat in den Büroräumen der Erbstößer GmbH schon so viel Zeit verbracht, er denkt er ist der Vorstandsvorsitzende. „Benni, kommst du mal in die Praxis..?“. „Meine Kardiologen hat gesagt ich soll es ruhig angehen!“, motzt er weiter. Seine neue Standardentschuldigung für alles. Spaziert er also ruhig durch die Praxisräume, die in dezentem Türkis gehalten sind. „Das beruhigt“, erklärt die Physiotherapeutin. Benni geht strammen Schrittes Richtung Tür, der will sich nämlich gar nicht beruhigen.

„Außer dich aufregen, was möchtest du denn noch machen?“, will Petra wissen. Also so eine Entspannungsmassage nimmt er dann ja doch auch. Allerdings muss er dann erstmal wieder Pippi. Und dann die fehlende Heizung böse angucken. Und die Büroräume inspizieren. Ach ja, Physio. Tierheilpraktikerin. Da war doch was. Petra will mit Akupunktur Herzfunktion und Entwässerung unterstützen, das findet Benni lustig. Das ist nämlich Sportakupunktur. Das müsst ihr euch so vorstellen: Benni steht auf der riesigen Liege und Petra verrenkt sich, um irgendwelche Akupunkturpunkte zu treffen. Bei einem stehenden 19-Zentimeter Hund unterm Bauch oder innen am Bein nicht ganz einfach – ich vermute also die Therapeutin sitzt heute selber irgendwo, und lässt sich wieder einrenken. Zumal Benni just in dem Moment ins Platz sinkt, als Petra an seinen Bauch muss. Mit einem freundlichen Grinsen im Gesicht. Akupunktur macht Spaß! Allerdings muss man davon Pippi machen. Auf dem Weg kann man dann die Bodenheizung strafend ansehen und die Büroräume näher ansehen. Immer noch keiner da. Sauhaufen! Noch ein paar Kekse abstauben, Petra zugucken, die mit so einer Art Mini-Reizangel spielt, dann muss Benni dringend Pippi machen. Und ins Auto…

Der Nächste bitte. Nach so einer harten Nuss hat Petra sich was einfaches verdient, also hole ich Carly raus. „Was machen wir hier? Gibt es was zu essen? Wo ist die nette Tante?“. Carly ist begeistert und schlawenzelt lustig um Petra herum in die Praxis. Diesen Hund zu massieren stelle ich mir vor wie Spielen mit Knetgummi. Haben wir ja alle gerne gemacht. Wobei ich meinem Knetgummi früher selten vorher Valium geben musste. Und das sicher auch nicht so albern kichernd in sich zusammen gefallen ist.

Die nächste bitte: Cricket. Ähnliches Bild, Hund versucht sich zu verknoten, Petra versucht die ursprüngliche Hundeform zu erhalten und freut sich, mal was locker-flockig-geschmeidiges in den Händen zu haben. Cricket freut sich, dass sie endlich mal jemand durchknetet, während sie wie ein schlecht gemachtes Soufflee in sich zusammen klappt. Gute erste Begegnung mit Liegen, Trampolins, Wackelbrettern und nach Kräuter duftenden Schränken für alle beide. Kann ja mal was kaputt gehen in Zukunft.

Maggies Auftritt. „Das schütteln geht nicht durch, kannst du machen dass das wieder hinten ankommt?“. Ich bin ja etwas verwirrt, aber Petra scheint zu wissen was gemeint ist und versucht Maggie Rücken zu behandeln. Versucht, weil ein wie ein Fisch zappelnder Hund da sicher keine Hilfe ist. „Kannste meinen Bauch kraulen?“. Schon schwieriger, Bauch kraulen wenn man eigentlich was am Rücken erreichen will, also greife ich mal helfend ein, damit der Zappelfisch ruhig auf dem Behandlungstisch steht. Nach ein paar Griffen ist Petra zufrieden und Maggie schüttelt sich genüsslich, die Bewegung geht von der Nasenspitze bis hinten zur Rute wie eine Welle durch. Madame schüttelt noch ein wenig an der Rute rum, wedelt zart und scheint zufrieden. Jetzt verstehe auch ich, was das Problem war. Mit wild wackelndem und wedelnden Hintern zieht Madame ab. Mein Versuch sie bei Flakes mit in die Box scheitert allerdings, die Einzelbox muss es sein. Die Rute hängt dabei lässig hinten raus, von Zeit zu Zeit lässt sie eine kleine Schüttelwelle durch den Rücken bis in die Rute fliessen. Ein weiterer zufriedener Kunde.

„Was kann ich für dich tun?“. Haley ist dran. Die hat ja mit der Vorderhand gerne mal Probleme, stellt sie dann aus wie eine russische Primaballerina. Physio hilft dabei aus dieser Schonhaltung raus zu kommen. Allerdings hat Petra es jetzt hier mit einem zappelnden Fisch zu tun, der quietschend den Oberkörper absenkt und einen lustigen Purzelbaum auf dem Behandlungstisch macht. Weiter erschwert wird das ganze, weil der Quietschefisch bei jeder Bewegung einen Büschel Haare hinterlässt – Haley ist gerade am Abhaaren. Ich versichere hastig, dass ich sie doch heute morgen extra noch gründlich gebürstet habe, während Haley zart einen dicken weißen Fellbüschel in Petras Richtung pustet. Und sich dann noch mal heftigst schüttelt. Nicht nur geht die Welle bis zur Rute durch, eine weitere feine Haarwolke legt sich über den Behandlungstisch. Ups. Laut Petra ist der Rücken frei und beweglich, Haley ist überzeugt, das liegt an ihrer patentierten Helikopterfortbewegungsart. Muss man gesehen haben. Eine Empfehlung zur Vorbeugung potenzieller Arthrosen an der ehemaligen Operationsstelle gibt es auch noch, dann schwebt auch diese zufriedene Kundin zurück Richtung Auto.

Flakes war zwar vor 6 Tagen erst bei seiner ANDEREN Osteopathin (der Hund hat drei Tierärzte, eine Kardiologie, eine Physiotherapeutin und eine Psychiaterin), aber jetzt will er auch in die Praxis. „Hast du einen Keks für mich?“. Absagen lässt er nicht gelten, die Nase funktioniert nämlich noch ganz hervorragend. Also spaziert er ein wenig in der Praxis herum, findet im Nullkommanix raus wie man die Liege rauf und runter fährt und schnorrt jedes Mal, wenn er an Petra vorbei kommt: „Hast du einen Keks?“. Nase in alle Schubladen: „Sind da die Kekse drin?“, und hat ebenfalls einen Heidenspaß.

Zum Abschluss dürfen die Großen noch eine Runde mit der peinlichen Verwandtschaft herum hüpfen – hier wohnen ja auch Maggies Erstgeborener Bran und Haleys Vollbruder Bodie. Haley testet den Outdoor Pool und belästigt ein wenig die Goldfische im Teich, schmollt weil das ansässige Kaninchen immer noch nicht aus seinem Stall heraus kommt und Maggie spaziert durch den Obstgarten und wackelt immer mal wieder zart mit ihrer Rute.

Heimfahrt mit sechs entspannten Hunden – sollten wir mal wieder machen. Petra bekommt jedenfalls 30 Sterne von uns (5 pro Hund). Und Benni hat schon das nächste Sport-Akkubohrer-Dingsbums gebucht…